Briefe von Greta Garbo an Mercedes de Acosta |
Greta Garbo - war sie es, oder war sie's nicht? Lesbisch nämlich. Zehn Jahre nach dem Tod der Hollywood-Diva sollte das in den USA jetzt endlich geklärt werden. Wurde die Garbo doch gerade zur Lesben-Ikone ... Darüber hinaus wollte man auch unbedingt noch wissen, warum sich die Diva 1941 - auf dem Höhepunkt ihres Ruhms – im Alter von 36 Jahren so plötzlich aus Hollywood zurückgezogen hatte, um danach in völliger Abgeschiedenheit zu leben.
Die skandinavische Schönheit hatte zunächst im Stummfilm Karriere gemacht und war dann mit Filmen wie "Mata Hari", "Anna Karenina" und "Ninotschka" in den 30er Jahren zum Weltstar aufgestiegen. Aufschluss über das (Liebes-) leben der Diva erhofften sich Filmhistoriker und Verwandte aus 55 Briefen, 17 Karten und 15 Telegrammen - geschrieben zwischen 1931 und 1959 an die Freundin und Drehbuchautorin Mercedes de Acosta. Und die war bekennendermassen lesbisch und hatte schon 1960 in ihrer Autobiografie behauptet, nicht nur mit Marlene Dietrich und der damals berühmten Tänzerin Isadora Duncan im Bett gewesen zu sein, sondern auch mit der "göttlichen" Garbo eine intensive Affäre gehabt zu haben. Das allerdings bezweifelten Biografen und Erben der am 15. April 1990 in New York gestorbenen Garbo von Anfang an. De Acosta habe ständig mit ihren sexuellen Eroberungen geprahlt und zumindest in Bezug auf Greta Garbo masslos übertrieben. Der Hollywood-Star selbst hatte nach der Veröffentlichung des Buches alle Kontakte zur spanischen Freundin abgebrochen. Im Jahre 2000 - zehn Jahre nach dem Tod der Diva - durften laut Vermächtnis der 1968 gestorbenen de Acosta die Briefe der Garbo an sie geöffnet werden. Unter dieser Auflage hatte die Spanierin nämlich die Korrespondenz 1960 dem Rosenbach Museum in Philadelphia übergeben. Grosse Spannung also bei der Öffnung der Archivbox, an der sowohl Experten des Museums als auch Vertreter der Familie Garbos teilnahmen. Und siehe da: Neben dem Aufatmen - wir haben's doch immer gewusst - machte sich stante pede auch eine gewisse Enttäuschung breit. Zeigten die Briefe doch tatsächlich "nur", dass beide Frauen einander in "intensiver Freundschaft" zugetan gewesen waren, so die Grossnichte des schwedischen Stars, Gray Horan. Und keine Spur von einem Hinweis auf den seltsamen Rückzug der Diva auf dem Höhepunkt ihrer Karrirere. Nein, das Leben Greta Garbos bleibt geheimnisvoll. Nun sind die Dokumente im Rosenbach Museum zum Eintrittspreis von fünf Dollar (zehn Mark) für jedermann zu sehen. Das bisher wenig bekannte Institut rühmt sich im Übrigen damit, mehrere Liebesbriefe von historischer Brisanz zu beherbergen. Dazu gehöre auch das Bekenntnis des Erfinders und Politikers Benjamin Franklin an die Frau eines französischen Diplomaten, der er schrieb: "Quand je pense de vous, je chante" (Wenn ich an Sie denke, singe ich). Den Rummel um die möglichen sexuellen Neigungen der Garbo machten sich bereits einige der amerikanischen Schwulen- und Lesbenorganisationen zu Nutze. Sie traten nicht nur als Sponsoren der Ausstellung von Garbos Briefen auf, sondern machten das Verhältnis zwischen der Diva und de Acosta auch zum Tagesordnungspunkt eines Homosexuellen-Treffens in Philadelphia. Die Fragen über Fragen, die das Leben und Lieben der Garbo hinterliess, bewegen allerdings nicht nur Schwule und Lesben, sondern auch Filmhistoriker. Liebte sie Mercedes de Acosta nun wirklich, oder hat sie die ebenso schöne wie umtriebige Drehbuch-Autorin sogar regelrecht benutzt? Ist sie mit dem schwulen Fotografen Cecil Beaton ins Bett gegangen, um Mercedes eins dafür auszuwischen, dass die auch mit Marlene Dietrich schlief? Seit 1931 soll die Affäre zwischen der Schauspielerin und der Autorin viele Höhen und Tiefen gehabt haben, voll von Sehnsüchten, Selbstverleugnung, Eifersucht und Hass gewesen sein. Bis 1960 blieben sie noch befreundet. Doch dann brach die Garbo, die längst zurückgezogen in New York lebte, den Kontakt ab. Sie war erzürnt und zutiefst darüber enttäuscht, dass die Ex-Geliebte in ihren Memoiren über die Beziehung berichtete - und dabei offensichtlich so manches Detail hinzudichtete. Kaum etwas hasste die 1905 in Stockholm als Seemanns-Tochter geborene Greta Lovisa Gustafsson so sehr wie unerwünschte Einblicke in ihr Privatleben. "Ein Filmstar zu sein", beklagte sie, "bedeutet, dass man aus allen möglichen Perspektiven betrachtet wird. Du wirst niemals in Frieden gelassen, Du bist einfach Freiwild." 1941 zog die Garbo überraschend Konsequenzen und sich selbst vollständig zurück - gerade hatte sich der Film "Die Frau mit den zwei Gesichtern" als Flop erwiesen. Die Gerüchte, dass ihre Angst, als Lesbe enttarnt zu werden, ein Grund für den Weggang der Garbo aus Hollywood war, verstummten nie. Auch deshalb war sie nun im Begriff, zu einer Ikone der amerikanischen Lesbenbewegung zu werden. Die Beziehung zwischen Garbo und de Acosta und die Probleme, die Lesben auch heute noch in der überwiegend prüden US-Gesellschaft haben, sollen beim "PrideFest America" in Philadelphia ausgiebig anhand des Briefwechsels diskutiert werden. Neben der sexwütigen de Acosta ("Ich kann jede Frau jedem Mann abspenstig machen") war es vor allem der Autor Hugo Vickers, der 1994 aus Garbos Liebesleben Kapital schlug. Er schlachtete für das Buch "Loving Garbo" jede Menge Interviews mit Zeitzeugen sowie die bis dahin zugänglichen Briefe der "Göttlichen" aus und schrieb sich über die Affären mit de Acosta und Cecil Beaton die Finger wund. Doch schon der Briefwechsel mit Beaton zeigt, dass die Briefe der Garbo nur selten erotischen Zündstoff enthalten. Denn während Beaton die Geliebte mit der für sie offenbar erotischen Vorstellung aufzog, ein junger Mann zu sein ("Kannst Du schon mit einem Rasierer umgehen?"), übte die Skandinavierin nordische Zurückhaltung. Zwar schrieb sie oft an Beaton, aber nie offen über Sex. Ganz anders die heissblütige, aus Kuba stammende de Acosta (Bild rechts), deren Hollywood-Ruhm weniger auf ihrer Arbeit denn auf ihren prominenten Eroberungen basierte. Das regte sogar Schriftsteller Truman Capote zu einem Spielchen der besonderen Art an: Er erfand das "internationale Gänseblümchenspiel". Dabei mussten Prominente über ihre Bettkontakte in Verbindung gebracht werden. Gab es eine Lücke, durfte man de Acosta als "Joker" einsetzen. Selbst die Grossnichte des schwedischen Stars, Gray Horan, war fast enttäuscht über die Inhalte der Korrespondenz: "Ich war überrascht, dass die Briefe nicht persönlicher sind," sagte sie im Rosenbach Museum in Philadelphia, das die Briefe seit 1960 verwahrte. Es gehe in den Zeilen hautpsächlich um ganz alltägliche Themen wie Reisen, Gesundheit und Ernährung - "absolut nichts Überraschendes", so Horan. Und sie rückte gleich mal die Bilder gerade: So habe de Acosta in der Familie Garbos immer den Spitznamen "Die Krähe" gehabt, weil sie stets schwarz gekleidet und alles in allem eine seltsame Frau gewesen sei. Sie habe die Garbo mit ihrer ergebenen Leidenschaft geradezu verfolgt. Ausserdem habe ihre Grosstante immer nur Interesse an Männern gezeigt, erzählte Horan, de Acosta habe mit ihren Behauptungen vermutlich nur auftrumpfen und Geld machen wollen. Eine leidenschaftliche Liebe etwa habe Greta Garbo für den russisch-schwedischen Stummfilmregisseur Mauritz Stiller (1883-1923) gehegt. Stiller war mit Filmen wie "Erotikon" (1920) und "Dämon Weib" (1926) bekannt geworden. Filmhistoriker hatten sich von der Lektüre der Briefe auch genauere Auskunft darüber erhofft, warum Garbo sich mit 36 Jahren überraschend in die völlige Abgeschiedenheit geflüchtet hatte. Aber auch darüber geben die Schriftstücke offenbar keinerlei Auskunft.
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